Kanzlerkandidat Martin Schulz will nach der historischen Wahlniederlage zwar Parteichef der SPD bleiben, aber nicht Fraktionsvorsitzender im Bundestag werden. "Ich werde den Fraktionsvorsitz selbst nicht anstreben, sondern mich voll auf die Erneuerung der Partei konzentrieren", sagte er in einem ARD-Interview.
FDP-Chef Christian Lindner wertet den Wiedereinzug der Liberalen in den Bundestag als großen Erfolg. "Die vergangene Wahlperiode war die erste in der Geschichte der Republik, in der es keine liberale Stimme im Bundestag gab - es soll zugleich die letzte gewesen sein", so Lindner unter dem Beifall seiner Anhänger in Berlin. "Ab jetzt gibt es wieder eine Fraktion der Freiheit im Deutschen Bundestag, denn die Menschen haben uns ein Comeback ermöglicht."
Sie habe sich ein besseres Ergebnis erhofft, aber die Union habe ihre strategischen Ziele erreicht, so Merkel: Die CDU/CSU sei stärkste Kraft geworden, die Union habe den Auftrag zur Regierungsbildung und gegen die Union könne keine Regierung gebildet werden. Nun müssten die Weichen dafür gestellt werden, dass es Deutschland auch in fünf und zehn Jahren noch gut gehe. Es gehe darum, für wirtschaftlichen Wohlstand zu sorgen, die EU zusammenzuhalten, ein starkes Europa zu bauen, sowie illegale Migration und Fluchtursachen zu bekämpfen.
Erststimmen-Trend Wahlkreis Stadt Regensburg
Aumer CSU 35,71 Prozent
Dr. Hammerl SPD 18,99 Prozent
Schmidt Grüne 12,02 Prozent
Lechte FDP 7,4 Prozent
Bauer AfD 10,19 Prozent
Freihoffer Linke 7,62 Prozent
Gotthardt FW 3,51 Prozent
Eberhard ÖDP 3,29 Prozent
Graßler Piraten 1,05
Martin Schulz ist nicht der erste SPD-Herausforderer, der an Bundeskanzlerin Angela Merkel scheitert. Vor Schulz hat Merkel schon drei SPD-Kandidaten auf die Plätze verwiesen:
GERHARD SCHRÖDER: 2005 gewann die Union mit 35,2 Prozent knapp gegen Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD, 34,2 Prozent). Schröder hatte mit einer verlorenen Vertrauensfrage den Weg zu Neuwahlen freigemacht. Merkel löste ihn im Kanzleramt ab und regierte mit der SPD in einer großen Koalition.
FRANK-WALTER STEINMEIER: In der großen Koalition wurde Frank-Walter Steinmeier 2005 Außenminister unter Merkel. Als Kanzlerkandidat erlebte er 2009 eine krachende Niederlage gegen die CDU-Kanzlerin. Mit nur 23 Prozent fuhr er das historisch schlechteste Bundestagsergebnis für die SPD ein. Die SPD musste in die Opposition, Merkel koalierte mit der FDP.
PEER STEINBRÜCK: 2013 schickte die SPD den einstigen Finanzminister Peer Steinbrück als Rivalen ins Rennen. Er hatte mit 25,7 zu 41,5 Prozent das Nachsehen. Weil die Liberalen spektakulär gescheitert waren, kam erneut ein Bündnis von Union und SPD zustande.
AfD-Chefin Frauke Petry sieht im Wahlerfolg ihrer Partei den Ansporn, in den kommenden vier Jahren im Bundestag den "Regierungswechsel für 2021" vorzubereiten. Sie freue sich "riesig über den Einzug", sagt sie im MDR-Fernsehen. Die CDU habe zwar "drastisch verloren, aber viel zu wenig angesichts der desaströsen Fehlsteuerung in diesem Land". Im Bundestag werde die AfD die Ideen zur Sprache bringen, "die wir außerparlamentarisch auch schon präsentiert haben (...). Aber sie müssen mehrheitsfähig werden in Deutschland."
Die Grünen wollen selbstbewusst in mögliche Gespräche über ein Jamaika-Bündnis mit Union und FDP gehen. "Wir werden kein einfacher Partner sein", erklärt Spitzenkandidatin Katrin Göring-Eckardt. Mit Blick auf mögliche Verhandlungen über ein Regierungsbündnis fügt sie hinzu: "Es werden schwierige Gespräche." Die Grünen würden mit allen Parteien reden außer mit der AfD. "Aber wir reden nicht über alles." Göring-Eckardt mahnte die eigenen Reihen, weiter zusammenzuhalten, um zusammen Verantwortung zu übernehmen.
Hamburgs Regierungschef Olaf Scholz sieht SPD-Chef Martin Schulz als künftigen Parteivorsitzenden. "Selbstverständlich kann er Parteichef bleiben", so Scholz. Es sei für die demokratische Debatte in Deutschland wichtig, wenn die SPD die Opposition im Bundestag anführe. Die SPD werde keine 20-Prozent-Partei bleiben, meint der Parteivize.
Das starke Ergebnis der AfD ist bei Europas Rechtspopulisten ebenfalls bemerkt worden. Sowohl der Chef der holländischen rechten Partei PVV, Geert Wilders...
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Gratuliere @FraukePetry und @AfD !! #BTW17 #AfD t.co
Geert Wilders on Twitter (@geertwilderspvv)
https://twitter.com/geertwilderspvv/status/911987672402612225
...als auch Marine Le Pen, Chefin des französischen Front National, gratulieren.
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Bravo à nos alliés de l'#AfD pour ce score historique ! C'est un nouveau symbole du réveil des peuples européens. MLP #BTW2017
Marine Le Pen on Twitter (@mlp_officiel)
https://twitter.com/MLP_officiel/status/911992371067461637
SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz nennt das starke Abschneiden der AfD als bedrückend. Mit ihr werde erstmals eine rechtsextreme Partei in Fraktionsstärke in den Bundestag einziehen. "Das ist eine Zäsur, und kein Demokrat kann darüber einfach hinweggehen", so Schulz in seiner Rede auf der Wahlparty im Willy-Brandt-Haus.
Zentrale Aufgabe der SPD bleibe es, den sozialen Zusammenhalt in der Gesellschaft zu organisieren. Man werde den Kampf für Demokratie, Toleranz und Respekt weiterführen. "Wir sind das Bollwerk der Demokratie in diesem Land."
Die Linkspartei kündigt eine scharfe Auseinandersetzung mit der AfD im Bundestag an. In der AfD gebe es Rassisten, kritisiert Linken-Spitzenkandidat Dietmar Bartsch. "Aber wir müssen die demokratische Entscheidung akzeptieren und werden uns in Deutlichkeit auseinandersetzen."
Er ergänzt: "Die Schlussfolgerung kann nur sein, dass der Rechtsruck, den es jetzt gegeben hat, (...) dass das für uns eine besondere Herausforderung ist. Wir müssen deutlich machen, dass es einen anderen Kurs geben kann." Dies sei für die Linke eine besondere Aufgabe.
Der Thüringer AfD-Landesvorsitzende Björn Höcke bezeichnet das Ergebnis seiner Partei als historisch. "Das ist ein überragendes Ergebnis. Ich bin überglücklich", so Höcke im Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur. Mit Blick auf den Einzug seiner Partei in den Bundestag sagt er: "Wir werden mehr Meinungspluralismus erleben im Bundestag, wir werden eine lebendige Demokratie erleben durch die AfD."